Eröffnung: 27. Januar, 18-21 Uhr
Wir freuen uns, Sie auf unsere Ausstellung A&N&D mit Werken von Navid Nuur in der Bleibtreustrasse 45 aufmerksam zu machen.
Nuurs Ausstellung vereint neue Arbeiten sowie Weiterführungen seiner oftmals seriellen Ansätze und widmet sich der Dehnbarkeit menschlicher Wahrnehmung: wie Auge und Verstand mit Verschiebungen und Umkehrungen umgehen, wie Aufmerksamkeit und Affekt auf Objekte reagieren, die deplatziert oder vom falschen Blickwinkel betrachtet scheinen. A&N&D ist gleichzeitig der Titel der Ausstellung als auch eine Art Leitfaden: ein Modell visueller und mentaler Prozesse, in denen Verbindungen wiederum aus anderen Verbindungen entstehen und formale oder interpretative Zusammenhänge sich in konzentrischen Kreisen entfalten. Man stellt sich vor, dass ein Satz, in dem „a&n&d” als Bindewort fungiert, von Momenten des Innehaltens, von Atempausen, ausgelassenen Wörtern und Bedeutungen, unvorhersehbaren Wechseln und Klammern unterbrochen oder strukturiert wird. Ebenso ist der „Satz“ dieser Ausstellung als Abfolge von Rückkopplungen und Vorschüben zu verstehen, der die Bedeutung einzelner Bestandteile als auch deren physische und sinnliche Aufladung vereint.
Ein Foto, in dessen Mitte der Eingang einer Höhle zu sehen ist, – ein Schlund aus flimmernder Dunkelheit, für Nuur eine prähistorische Erfahrung des Monochromen – wurde erst mit Laser in Holz geschnitten und anschließend in Bronze gegossen. Materielle, technische und darstellende Komponenten drehen sich um die Schwärze des geologischen Lochs, um Farbe und Form des negativen Raums: ein Abgrund, der Nuurs darstellende Arbeitsweise skizziert.
Ein anderes Werk, Self portrait, 2006-2016, dient als eine Art Schaukasten für sämtliche Überreste aus dem Atelier des Künstlers. Eine Komposition aus all dem, was seine anderen Bilder nicht brauchten (oder als Abfälle selbst produzierten). So kommentiert die Arbeit ironisch die Idee des Überbleibsels, als das, was normalerweise aus dem Vokabular der Kunst herausfällt oder scheinbar unfähig ist, seinen wahren Ausdruck zu vermitteln.
Auf ähnliche Weise beschäftigt sich eine andere Arbeit mit diesem Thema. Nuurs Keramikvase Flower Vase, 2015-2017, mit frischen Blumen gefüllt, ist mit dem Rest der Reste glasiert: Die Glasur beinhaltet Asche aus der Müllverbrennungsanlage der Stadt Berlin. Das, was ein urbaner Metabolismus ausstößt, die Grundlagen kollektiver Gleichgültigkeit und Anonymität, wird zweifach durch Feuer umgewandelt und als markantes visuelles Merkmal der Arbeit eingesetzt.
Ein Gemälde, Untitled, 2010-2015, aus mit Vitamin D gemischtem Wasser hergestellt, lässt eher eine automatische Zerstreuung von Flüssigkeit vermuten, als den Ausdruck eines individuellen, bildnerischen Stils. Vitamin D entsteht im Körper, wenn die Haut dem Sonnenlicht ausgesetzt wird. Auch die „Haut“ dieses Gemäldes reagiert auf das Licht zwischen Bild und Betrachter und passt sich so den Bedingungen der Leuchtkraft an, die es existieren lässt.
A&N&D lässt faszinierende Verbindungen und ein Wechselspiel zwischen wachsamer Wahrnehmung und ihren vagen Grenzen entstehen. Die Ausstellung bietet die Möglichkeit, ein Objekt durch ein anderes zu sehen, die Mitte durch seine Seiten zu entdecken. Sie verknüpft Ränder, Rückseiten und verdeckte Blickwinkel sowie tatsächliche und metaphorische Grenzen des Ausstellungsraums.
– Mihnea Mircan, 2016
Galerie Max Hetzler eröffnet parallel eine Ausstellung mit neuen Fotografien von Rineke Dijkstra in der Goethestraße 2/3.
Navid Nuur wurde 1976 in Teheran geboren, er lebt und arbeitet in Den Haag, Niederlande. Nuur studierte am Piet Zwart Institute, Rotterdam und an der Plymouth University. Seine Werke wurden bereits in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in internationalen Institutionen präsentiert u. a. Im Centre Pompidou, Paris; Art Stations Foundation, Posen (beide 2016); Stedelijk Museum, Amsterdam; Kunsthalle Kiel, Kiel; Bienal de la Habana, Havanna (alle 2015); DCA Dundee Contemporary Arts, Dundee; Trafó House of Contemporary Arts, Budapest (beide 2014); Bonnefantenmuseum, Maastricht; Parasol Unit, London (beide 2013); Matadero, Madrid (2012); Kunsthalle Sankt Gallen, St. Gallen und La Biennale di Venezia, Venedig (beide 2011). Nuurs Arbeiten sind Teil renommierter Sammlungen, wie dem Centre Pompidou, Paris; Kunsthaus Zürich, Zürich; Stedelijk Museum, Amsterdam; S.M.A.K., Gent und Koç, Istanbul.
Excerpt from an email, December 2016:
Dear Samia and Max,
As you know, my works (drawings, sculptures, prints, photos, installations, etc.) are best described as modules of thought, which I call ‘interimodules’. They articulate a way of thinking attuned to the temporary, in-between state of things, and are concerned with their brief existence and interconnected nature.
Similar to the way the works in this exhibition present residual information as information created through a combination of time, light and location, I don’t so much wish to strike a universal chord with the viewer as expose it in the collection of works as a whole.
One example is the paintings I made based on notes found in stationery stores around the world – from Berlin to Japan. The doodles on them are a spontaneous and ephemeral form of primal expression. I try to understand (and capture) their universal quality as an abstract language that connects us all – rather than ignore or aestheticise it.
During our conversation with Albert Oehlen this summer, I said that painting has long since stopped being about what you see – it’s about how you see it. That’s why I also wanted to make a painting made solely from what is indispensable for even viewing a painting – i.e. light.
I’m pleased to say that I’ve managed to finish a work that uses light itself as a pigment that has materialised on the canvas.
This material transformation can also be seen in the ceramic object included in the exhibition. I had to train for months to realise this work. I will be making other ceramic works in the future – I feel this discipline has more conceptual alchemy to offer. In addition, I have used my body as a point of departure for a large mural work that visualises what you see when you shut your eyes. The fact that you can keep looking with your eyes closed has always fascinated me. When all your visual input is removed, what are you actually looking at?
The same applies to the posters that are put up in cities all over the world. They have a special opaque coating on the back to prevent the background from showing through. By taking a picture of the rear of these so-called blueback posters and printing the enlarged image as a new poster, I hope to transform this functional element into a sensory experience for passers-by. You don’t mind me papering your walls, right?
The 20 works in the exhibition all have one thing in common: the sensing, experiencing and questioning of the relationship between one’s interior world and the world outside. Particularly in this digital age, these works are actually completed by their presence in the physical space. It’s not about getting lost in translation, but about the translation that is lost.
You asked me for some extra text to accompany the various works. I’ll be sending something shortly. But I’ll try to write something that is in tune with the exhibition itself, because a heart can no longer beat once you’ve looked inside.
– Navid Nuur
Weitere Ausstellungen:
Marepe
Suave na nave
21. Januar – 4. März 2017
Eröffnung: 21. Januar, 18–20 Uhr
57, rue du Temple 75004 Paris
Rineke Dijkstra
27. Januar – 4. März 2017
Eröffnung: 27. Januar, 18–21 Uhr
Goethestraße 2/3, Berlin-Charlottenburg
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