Wir freuen uns, Sie auf die erste Einzelausstellung von Hans Josephsohn in der Galerie Max Hetzler in der Goethestraße 2/3, Berlin, seit der Bekanntgabe der Vertretung des Nachlasses aufmerksam zu machen. Im Laufe von sechs Jahrzehnten schuf Hans Josephsohn ein umfangreiches bildhauerisches Werk, in dessen Mittelpunkt die menschliche Figur steht. Für Josephsohn manifestiert sich der Mensch im Körper, und die menschliche Existenz wird durch ihre Körperlichkeit gekennzeichnet. In seiner Faszination für Masse und Form im Raum wählte der Künstler spezifische Formen - die Büste, die sitzende Figur, die stehende Figur, die liegende Figur, die Halbfigur sowie Reliefs - als zentrale Themen in seinem Oeuvre und arbeitete zeitlebens an ihnen. „Meine Figuren müssen dauerhaft sein. Stehend. Sitzend. Liegend. Figur. Kopf. Halbfigur. Die Figuren müssen in ihrem Ausdruck, in ihrer Haltung beständig sein.”1
Während Josephsohns frühe Werke noch die schlanke Anmutung von Stelen haben, interessierte sich der Künstler später dafür, Volumen und Form seiner Figuren zu verstärken, indem er mit schnell trocknendem Gips arbeitete, den er später in Messing oder Bronze goss. Spuren seiner Suche nach dem perfekten Ausdruck durch die richtige Form sind in den Zugaben und Abnahmen von Material und in den Spuren seiner Finger auf den fertigen Werken zu sehen. Die Skulpturen zeichnen sich durch eine dringende körperliche Materialität aus, die die Unmittelbarkeit der Technik mit einer Ästhetik der Zeitlosigkeit verbindet, um die „réalité vivante“ (lebendige Realität) zu erfassen. Dabei „hat er nie die Möglichkeit in Betracht gezogen, auf die Figur zu verzichten“, erklärt Gerhard Mack.„Für ihn war die Bildhauerei immer ein Dialog mit der menschlichen Form und dem menschlichen Dasein.“2
Die aktuelle Ausstellung präsentiert 23 Skulpturen von 1950 bis in die frühen 2000er Jahre, die einen Überblick über die Werke geben und die Entwicklung von Josephsohns einzigartigem Stil beleuchten. Rückblickend lassen sich drei Hauptperioden erkennen: Auf eine geometrisch abstrakte Frühphase in den 1940er und 1950er Jahren folgt eine eher figurative Ausrichtung, der wiederum die kumulative Abstraktion des Spätwerks ab den 1980er Jahren folgt. Diese Phasen sind jedoch nicht abrupt definiert, sondern entwickeln sich fast unmerklich wie ein organischer Prozess von einer zur anderen. Die gezeigten Skulpturen werden von mehreren Zeichnungen begleitet, die einen weiteren Einblick in das Interesse des Künstlers an Figurenbeziehungen, Erzählungen und Raum geben.
Josephsohn arbeitete fast immer nach dem Modell, wobei seine Werke kaum Porträtcharakter hatten und stattdessen auf Einblicke beruhten. Er wechselte allmählich vom fast Abstrakten zum eher Figürlichen und wieder zurück. Die größeren Halbfiguren zum Beispiel erinnern in Farbe, Textur und Maßstab an geologische Formationen. Dennoch sind sie in der Körperlichkeit verwurzelt und drücken die Präsenz und vitale Einfachheit der menschlichen Form aus. Durch ihre Horizontalität und die Nähe zum Boden teilen die liegenden Figuren diese Materialität und strahlen gleichzeitig etwas Ungreifbares aus, das zwischen Schwerkraft und Anmut liegt. Josephsohns bildhauerisches Empfinden beruht also auf der Wertschätzung von Relationen zwischen Massen und verleiht seinen Skulpturen eine Spontaneität und Beständigkeit, die zugleich prähistorisch und am Puls des Lebens ist.
Hans Josephsohn (1920-2012) lebte und arbeitete in Zürich. Einzelausstellungen seiner Werke fanden in internationalen Institutionen statt, darunter im Museu d'arte della Svizzera Italiana (MASI), Lugano (2020-2021); Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen (2020); ICA Milano, Mailand (2019); Museum Folkwang, Essen (2018); Kunstparterre, München (2015); Modern Art Oxford (2013); Yorkshire Sculpture Park, Wakefeld (2013); Lismore Castle Arts (2012); des MMK Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main (2008); Kolumba - Kunstmuseum des Erzbistums Köln (2005); Stedelijk Museum, Amsterdam (2002); sowie weitere bedeutende Museen. Werke von Josephsohn waren auch auf der 55. Biennale von Venedig im Jahr 2013 zu sehen. Zwei permanente Ausstellungen von Josephsohns Werken sind der Öffentlichkeit zugänglich, darunter: Das Kesselhaus Josephsohn, ein Ausstellungs- und Galerieraum in St. Gallen, Schweiz, in dem sich der Nachlass des Künstlers befindet, und La Congiunta, ein kleines Museum in Giornico, Schweiz, das von dem langjährigen Freund und Architekten des Künstlers, Peter Märkli, entworfen wurde.
Werke von Josephsohn befinden sich unter anderem in den Sammlungen des Aargauer Kunsthauses, Aarau, des Kolumba - Kunstmuseum des Erzbistums Köln, des Kunsthauses Zürich, Zürich, des Kunstmuseums St. Gallen, St. Gallen, des Museum Folkwang, Essen, des Kunstmuseums Appenzell, des Museums zu Allerheiligen, Schaffhausen, des MMK Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main, der Neuen Nationalgalerie, Berlin, und des Stedelijk Museum, Amsterdam.
1H. Josephsohn, zitiert von Udo Kittelmann, in Kesselhaus Josephsohn, Ausst. Kat., MMK, Frankfurt am Main; Kesselhaus Josephsohn, St. Gallen; Köln: Walther König, 2008, S. 7-10, S. 9.
2G. Mack, Josephsohn: an exercise in form & curation, London: Kilimanjaro/Hauser & Wirth, 2012, o.S.
Weitere Ausstellungen und Veranstaltungen:
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Window Gallery, Goethestraße 2/3, 10623 Berlin
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